Disconnect

115 Minuten | FSK 12

Sich filmisch einem so komplexen und ungreifbaren Thema wie dem Internet anzunähern, ist fast unmöglich. Man müsste nicht eine Geschichte erzählen, sondern viele, simultane, miteinander vernetzte. Folgerichtig setzt DISCONNECT in der Tradition von SHORT CUTS und L. A. CRASH aus zahlreichen Erzähllinien und Episoden das Bild einer Gegenwart zusammen, die einen hohen Preis für die digitalen Errungenschaften entrichtet. Der Film verliert sich dabei nicht in den Oberflächenreizen der Technik, sondern ist ein hochintensives Drama. Das Internet ist nicht die Ursache für die Krisen der Menschen, aber es verschärft sie radikal. In den USA ist das Spielfilmdebüt von Oscar-Preisträger Henry Alex Rubin (MURDERBALL) trotz des namhaften und großartig aufspielenden Ensembles mit 1,4 Millionen Dollar Einspiel gefloppt. Völlig unverständlich! Aber vielleicht dann doch dem Umstand geschuldet, dass DISCONNECT sich einem klassischen (Happy-)End verweigert, was unserer Ansicht nach eine seiner Stärken ist. Auf jeden Fall packendes, modernes, kluges Kino – inhaltlich wie formal!

Die Filmemacher erschaffen zunächst eine Filmwelt, die so fragmentiert erscheint wie das Themenangebot des Internets. Erst allmählich konzentriert sich die Handlung auf die Menschen, die das Universum von DISCONNECT bevölkern. Sie werden sich alle auf schicksalhafte Weise begegnen: Da ist die Jour­na­listin Nina Dunham, die, auf der Suche nach einer karrie­re­för­der­li­chen Story, das Vertrauen des minder­jäh­rigen Porno­dar­stel­lers Kyle gewinnt und ihn für einen enthüllenden Sensationsbericht über Sex-Seiten interviewen möchte. Doch schon bald steht das FBI vor ihrer Tür. Da ist der dauer­ge­stresste Anwalt Rich Boyd, der seine Familie vernach­läs­sigt, ständig mit seinem Smartphone beschäf­tigt ist und daher nicht mitbe­kommt, dass sein Sohn Opfer einer Cyber-Mobbing-Attacke wird. Der verschlos­sene Junge glaubt, in einem sozialen Netzwerk eine Freundin gefunden zu haben und teilt mit ihr intime Details. Nichts ahnend, dass das Mädchen nur eine Erfindung seines  Mitschü­lers Jason Dixon ist. Jasons Vater wiederum hat nach dem Tod seiner Frau den Zugang zu seinem Sohn verloren und übersieht, wozu die Lange­weile des Jungen führt. Ausblei­bende Kommu­ni­ka­tion liegt genauso bleiern über der dritten Episode, die von Cindy und Derek Hull berichtet. Einem jungen Ehepaar, das sein Kind verloren hat und in hilfloses Schweigen sowie blinden Aktio­nismus verfällt. Während Cindy in Inter­net­foren nach Gleich­ge­sinnten sucht, um ihre Trauer zu verar­beiten, taucht ihr Mann in die Welt des Online-Pokers ein. Nur um eines Tages fest­zu­stellen, dass ihre persön­li­chen Daten gestohlen wurden und sie plötzlich zahlungs­un­fähig sind.                       

Credits

2012 | USA

R: Henry Alex Rubin | B: Andrew Stern | K: Ken Seng | D: Jason Bateman (Rich Boyd), Hope Davis (Lydia Boyd), Frank Grillo (Mike Dixon), Michael Nyqvist (Stephen Schumacher), Paula Patton (Cindy Hull), Andrea Riseborough (Nina Dunham), Alexander Skarsgård (Derek Hull), Max Thieriot (Kyle), Colin Ford (Jason Dixon), Jonah Bobo (Ben Boyd), Haley Ramm (Abby Boyd)

Trailer