Die Sanfte
Schonungslos, roh, schroff ist das Bild von Russland, das der in Berlin lebende Ukrainer Sergei Loznitsa in DIE SANFTE zeichnet, seinem dritten Spielfilm, den er aus offensichtlichen Gründen nicht in Russland drehen konnte. Stattdessen war eine kleine Ortschaft in der ehemaligen sowjetischen Republik Litauen Drehplatz, was gut zu der bewussten Unbestimmtheit in Ort und Zeit passt. Einfach grandios und lange nachwirkend sind die Bilder des Rumänen Oleg Mutlu.
Namenlos ist die Titelfigur, die zu Beginn ein Paket mit dem Hinweis: „Unzustellbar“ zurückbekommt. Adressiert war es an ihren Mann, der in einem Gefängnis einsitzt, wofür, bleibt offen, weder die Frau weiß, was genau ihrem Mann vorgeworfen wird, noch das System selbst scheint zu wissen, weswegen der Mann inhaftiert ist. Im Zug macht sie sich auf den Weg zum Gefängnis, gerät an meist abweisende Beamte, die ihr ausweichende oder missverständliche Auskünfte erteilen, von einem Schalter zum nächsten schicken, auf eine endlose Suche nach Antworten, nach Anstand. Allein die Frau bewahrt ihre Würde, ihre Sanftheit, versucht mit stoischer Ruhe, Antworten zu bekommen, ein Lebenszeichen ihres Mannes, von dem sie seit langem nichts gehört hat, von dem sie noch nicht einmal weiß, ob er hinter den schweren Gefängnismauern überhaupt noch am Leben ist.
Credits
2017 | Frankreich, Deutschland, Russland, Niederlande, Lettland
KROTKAYA | R+B: Sergei Loznitsa | K: Oleg Mutu | D: Vasilina Makovtseva (Sanfte), Valeriu Andriuta (Blaugesicht), Marina Kleschtschewa (Teilnahmsvolle), Sergei Kolesow (Mann mit Zahnlücke), Lija Akhedzhakowa (Menschenrechtsaktivistin)
Trailer